Industrieprozesse energieadaptiv umgestalten: Fraunhofer FIT wirkt in einem 100 Millionen € Projekt mit

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Soll die Energiewende gelingen, müssen insbesondere stromintensive Industrien zukünftig in der Lage sein, ihre Nachfrage an das schwankende Angebot aus erneuerbaren Energien über dynamisierte Fertigungsprozesse anzupassen. Im Großprojekt »SynErgie« entwickelt Fraunhofer FIT die dafür nötige IuK-Architektur sowie geeignete Geschäftsmodelle für ein auf Nachfrageflexibilität zugeschnittenes Markt- und Stromsystem. »SynErgie« ist eines von bundesweit lediglich vier vom BMBF gestarteten Projekten im Rahmen der Förderinitiative »Kopernikus-Projekte für die Energiewende«.

Mit den Kopernikus-Projekten startet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die bislang größte Forschungsinitiative zur Umsetzung der Energiewende. Im Stromsystem von Morgen wird das Stromangebot nicht mehr wie bisher der Stromnachfrage folgen können. Vielmehr muss die Stromnachfrage an das Stromangebot angepasst werden. Hier spielen die energieintensiven Branchen eine entscheidende Rolle. Sie müssen lernen, den Strom dann zu nutzen, wenn er vorhanden und kostengünstig ist, und auf ihn zu verzichten, wenn er knapp und teuer ist.

Erstes Ziel des Projekts »Synchronisiertes Energiemanagement für die Ausrichtung energieadaptiver Prozesse« (SynErgie) ist es daher, industrielle Schlüsselprozesse zu identifizieren, deren Energiebedarf so angepasst werden kann, dass diese unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte zum Ausgleich der fluktuierenden Energieversorgung  genutzt werden können. Schließlich sollen für industrielle Schlüsselprozesse effiziente Verfahren und Technologien entwickelt und anhand von Demonstrationsanlagen erprobt werden. Zu diesem Zweck werden im Zuge der Digitalisierung von Industrie- und Arbeitsprozessen Strukturen aus der Informations- und Kommunikationstechnik zur Steuerung des Angebots- und Nachfrageausgleichs im Stromnetz übertragen. Im Fokus  steht hierbei die Vernetzung der einzelnen Akteure (etwa Stromerzeuger, Strommärkte, Stromverbraucher, Stromnetzbetreiber und Wetterdienste) mit Hilfe von integrierten Informationssystemen, um die automatisierte Anpassung des Stromverbrauchs zu ermöglichen. Die Vision ist somit eine durchgängige Regelung der Energienachfrage »vom Photovoltaik-Modul oder Windrad bis hin zum Produktionsprozess«.

»Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT, im Vorhaben Konsortialführer für den Bereich Markt- und Stromsystem, wird insbesondere für die Gestaltung der informationstechnischen Anbindung von Industrieunternehmen an die verschiedenen Akteure des Strommarkts verantwortlich sein«, sagt Institutsleiter Prof. Dr. Matthias Jarke. »Dazu gehört auch die Gestaltung und Bewertung innovativer Produkte im Markt- und Stromsystem, die in Zukunft automatisiert gehandelt werden sollen. Dabei gilt es auch, die Bereitstellung industrieller Nachfrageflexibilität ökonomisch zu bewerten und Mechanismen zu entwickeln, wie Industrieunternehmen eine entsprechende Vergütung erhalten.«

Vom Fraunhofer FIT beteiligen sich der Forschungsbereich User-Centered Computing in Sankt Augustin sowie die an den Universitäten Augsburg und Bayreuth angesiedelte Projektgruppe Wirtschaftsinformatik an »SynErgie«. Projektgruppenleiter Prof. Dr. Hans Ulrich Buhl (Augsburg), der gemeinsam mit Prof. Dr. Gilbert Fridgen (Bayreuth) und Dr. René Reiners (Sankt Augustin) die Antragstellung vorangetrieben hat, weist insbesondere auf das Teilprojekt »Energieflexible Modellregion Augsburg« hin: »Für dieses Teilprojekt haben sich 21 Einrichtungen von der Stadt Augsburg über die IHK Schwaben bis zu Vertretern der Zivilgesellschaft wie dem Bund Naturschutz Bayern e.V. zusammen geschlossen, um die Effekte von energieflexiblen Großverbrauchern auf die Region zu untersuchen und unter Berücksichtigung kommunaler Gegebenheiten, Chance und Risiken flexibler Industrieprozesse zu bewerten. So sollen zentrale Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung auch in anderen Regionen ermittelt werden«. Der Forschungsbereich User-Centered Computing behandelt hierbei die technischen Aspekte der Digitalisierung in Bezug auf Integration und Anpassung von IuK-Lösungen. 

»SynErgie« wird von den Professoren Eberhard Abele der Technischen Universität Darmstadt und Alexander Sauer von der Universität Stuttgart koordiniert. Neben Fraunhofer FIT und zwei weiteren Fraunhofer-Instituten wirken 19 weitere Forschungseinrichtungen – von der RWTH Aachen, über die Universitäten Köln, Chemnitz, Darmstadt, Karlsruhe und Stuttgart bis zur TU München – sowie 40 Industrieunternehmen aus allen energieintensiven Branchen aktiv mit. Beteiligt sind unteren anderem Bayer/Covestro, BMW, Dr. Oetker, Enerstorage, MAN Diesel & Turbo, Siemens, SGL Carbon und WACKER Chemie sowie die Strombörsen in Leipzig und Paris.

»SynErgie« wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zunächst über eine Laufzeit von drei Jahren mit einem jährlichen Fördervolumen von 10 Millionen Euro gefördert. Für jedes der vier Kopernikus-Projekte wurde ein Förderzeitraum von bis zu zehn Jahren mit einem Fördervolumen von jeweils 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt, siehe auch Pressemitteilung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung:www.bmbf.de/de/sicher-bezahlbar-und-sauber-2624.html