Online-Reisemarkt verschenkt Umsätze

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Fraunhofer FIT legt eine Studie zur Kundenorientierung deutscher Internet-Reiseportale vor. Das Ergebnis ist verheerend. Selbst die Spitzenreiter in Sachen Benutzerfreundlichkeit erfüllen nur etwa die Hälfte der Kundenwünsche bei der Online-Buchung. Getestet wurden zehn deutsche Anbieter. Die Studie steht kostenlos zum Download bereit.

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»Online-Reisemarkt verschenkt Umsätze: Eine Studie zur Kundenorientierung deutscher Internet-Reiseportale 2014«, Fraunhofer FIT 2014
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Rangfolge der Online-Reiseportale.

»Jede zweite Buchung beginnt im Internet und endet im Reisebüro«, so eine Studie von Google, GfK und TUI zum Buchungsverhalten der Deutschen aus 2013. Und dass obwohl vorher neun bis 25 Stunden intensiver Recherche im Web investiert wurden (vgl. Stiftung Warentest: Vorm Urlaub Klick machen, 2012). Warum das so ist, zeigt eine Studie der Abteilung Usability und User Experience Design des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT.

Die Wissenschaftler untersuchten anhand drei typischer Urlaubsszenarien zehn deutsche Online-Reiseportale: Familienurlaub in Spanien mit drei Kindern im Ferienhaus mit Swimmingpool, strandnah aber ruhig gelegen; Pärchen plant Flitterwochen und hat eine paar Sonderwünsche bei der Ausstattung seiner Unterkunft und zuletzt noch eine Einzelperson, die eine Flugrundreise in USA und Kanada unternehmen möchte.

Das dürfte doch eigentlich nicht besonders kompliziert sein, denkt man. Ist es aber doch. Beispiel Flugrundreise: Möchte der Urlauber seine Reise rückwärts planen und mit der Ankunftsuhrzeit beginnen, etwa weil bestimmte Termine in der zweiten Urlaubshälfte fix sind, so wird er nur bei einem Anbieter fündig. Bei Flugreisen sind auch Informationen zu den Zielflughäfen sehr nützlich, um etwa zu wissen, wie weit die einzelnen Gates voneinander entfernt sind, um den Anschlussflug nicht zu verpassen. Oder auch, wie der Flughafen an öffentliche Verkehrsmittel angebunden ist. Hier halfen dem Buchenden lediglich zwei Anbieter komfortabel weiter, zwei boten unzureichende Informationen, die restlichen gar keine.

Beispiel Familienurlaub: Hier sind neben der Beschaffenheit der eigentlichen Unterkunft auch die Umgebungsbedingungen ausschlaggebend für ein entspanntes Urlaubsvergnügen. Leider findet der Buchende Auswahlkriterien wie »Kindersicherheit« (ein Anbieter) oder »Nachtruhe« (zwei Anbieter) höchst selten. Will man seine Unterkunft gerne anhand der Entfernung zum Flughafen planen, etwa um den Kindern eine weite Anfahrt im Mietwagen zu ersparen, ist dies nur bei einem Anbieter einfach möglich.

Die Mängelliste ist lang. Unzureichend ist häufig auch die Informationspolitik der Reiseportale, etwa werden Stornierungskosten während des Buchungsverlaufs gar nicht angezeigt. Oder nützliche Auswahlkriterien verstecken sich hinter unpassenden Kategorien, wie etwa Sport- und Freizeitangebote unter »Besonders gut bewertet«.

»Eine Ursache ist die von den Online-Reiseportalen nicht oder zu wenig wahrgenommene Zielgruppensicht der Internet-Benutzer. Es besteht ein hohes Verbesserungspotential hinsichtlich der Effizienz der Online-Reiseportale. Bei der Gestaltung der Suchmasken und Suchkriterien sollten die Kundenbedürfnisse mehr berücksichtigt werden«, so Britta Hofmann, Leiterin der Abteilung für Usability und User Experience Design des Fraunhofer FIT.

Insgesamt erfüllen die Reiseportale im Mittel 23 von 37 Nutzungsanforderungen, die von den Autoren der Studie, Kerstin Leesemann und Britta Hofmann, aus den drei Urlaubsszenarien abgeleitet wurden. Von den 23 Nutzungsanforderungen wurden durchschnittlich neun effizient – also einfach handhabbar – und 14 ineffizient, sprich machbar, aber umständlich, erfüllt.

Anhand eines Punktekatalogs wurde das Ranking der geprüften Portale erstellt. Den ersten Platz teilen sich mit 39 von 74 zu erreichenden Punkten fluege.de und ab-in-den-Urlaub.de. Beide Anbieter hatten von den insgesamt 37 Nutzungsanforderungen 13 effizient, 13 ineffizient und 11 gar nicht erfüllt. Getestet wurde in den sieben Prüfdimensionen Unterkunft, Flugbuchung, Informationen zum Serviceangebot, Reiseplanung, Umgebungsbedingungen, Kostentransparenz und Mietwagen.

Die Auswahl der Reiseportale basierte auf einer Studie von Computerbild aus 2013. Es wurde keine Unterscheidung zwischen Reiseveranstalter und Reisevermittler getroffen. Untersucht wurden ab-in-den-urlaub.de, expedia.de, fluege.de, HolidayCheck.de, L´tur, lastminute.de, Neckermann Reisen, opodo.com, reisen.com und weg.de.

Die komplette Studie »Online-Reisemarkt verschenkt Umsätze: Eine Studie zur Kundenorientierung deutscher Internet-Reiseportale 2014« steht hier zum Download bereit.