Joachim W. Schmidt

Kurator Joachim W. Schmidt verstorben

Prof. Dr. Joachim W. Schmidt, Emeritus an der TU Hamburg-Harburg, starb am 28.5.2022 im Alter von 80 Jahren. Als international renommierter Forscher und Lehrer im Datenbankbereich, aber auch als erfolgreicher Unternehmer und Strategieberater, hat er in den 2000er Jahren als Gründungsmitglied des FIT-Kuratoriums zum erfolgreichen Übergang in die Fraunhofer-Gesellschaft beigetragen.

Nach dem bayerischen 1.0-Abitur in seiner fränkischen Heimat und dem Physikstudium an der Universität Hamburg promovierte er dort 1969 und half anschließend als Postdoc beim Aufbau des neuen Studiengangs Informatik mit, wo er 1974 auf die erste Professur für Datenbanken und Informationssysteme berufen wurde.

Mit einem kleinen Team aus einem Doktoranden und drei Diplomanden (darunter dem späteren FIT-Institutsleiter Matthias Jarke) startete er 1975 mit dem Pascal/R-Projekt das weltweit erste Vorhaben zur Integration des damals noch ganz neuen relationalen Datenbankmodells in die Welt der Programmiersprachen. Seine 1977 erschienene Publikation in den ACM Transactions on Database Systems war der Beginn eines eigenen Forschungsfelds »Datenbankprogrammiersprachen« mit einer eigenen Konferenzserie, aber auch Schmidt’s Berufung als Co-Leiter der ANSI Relational Database Task Group, zu deren Hauptaufgaben die erste Standardisierung der Anfragesprache SQL zählte.

1982 übernahm Joachim Schmidt einen Lehrstuhl an der Universität Frankfurt. Mit seinem vielzitierten Buch »On Conceptual Modeling« (1984 gemeinsam mit Mike Brodie und John Mylopoulos) wurde eine Brücke zwischen KI, Datenbanken und Software-Technik geschaffen, die anschließend in seiner Springer-Buchreihe »Topics in Information Systems« weiter vorangetrieben wurde. Im damals gerade begonnenen ersten europäischen Forschungsförderungsprogramm initiierte er mit den Projekten DAIDA, FIDE und IDOMENEUS wichtige Vorläufer für die späteren Forschungsfelder modellgetriebene IS-Entwicklung sowie verteilte Multimedianetze und Datenbanken mehrere Jahre vor der Entstehung des World Wide Web.

Mit seiner Rückkehr nach Hamburg, 1990 an die Universität, ab 1996 an der neu gegründeten Technischen Universität, folgten die nächsten Schritte zur strategischen Stärkung der europäischen Zusammenarbeit. 1991 gründete er gemeinsam mit Stefano Ceri und Mischa Missikoff die bis heute wichtigste europäische Datenbankserie EDBT (Extending Data Base Technologies), kurz danach halfen die East-West Workshops auch bei der Integration der mittel- und osteuropäischen Partner.

Die Nachwuchsförderung in Wirtschaft und Wissenschaft spielte immer eine wichtige Rolle bei Joachim Schmidt. Mit seinem bekannten Schüler Florian Matthes (TU München) setzte er die Forschungsergebnisse in wichtigen Anwendungsbereichen wie Fischereiüberwachung und digitale Dokumentation des Kulturerbes (Warburg Electronic Library) um, engagierte sich aber auch in einer Reihe von Ausgründungen, darunter als prominentes Beispiel Coremedia.com, ein weltweiter Anbieter für Multimedia-Contentmanagement und Digital Rights Management, deren Aufsichtsrat er 13 Jahre leitete.

Nach seiner Pensionierung 2006 trieb Joachim Schmidt nicht nur seine konzeptuelle Forschung weiter voran, sondern wirkte auch intensiv an der eGovernment-Strategie der Hamburger Landesregierung mit. Für das Fraunhofer FIT waren seine Erfahrungen in dieser Zeit von hohem Wert.

Das Institut trauert mit seiner Familie und wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren.